7.1.07

Auf Wiedersehen...

Liebe Leserinnen und Leser,

zuerst ein ganz herzliches Dankeschön für all die freundlichen Gratulationen und guten Wünsche zu meiner Kapitänswerdung!

Mittlerweile ist seit Anfang Dezember meine Einweisung bei meinem neuen Arbeitgeber abgeschlossen und der Linienalltag kehrt ein. Da sich dieses Blog ja nun mit dem Weg dorthin beschäftigt hat, hat es m. E. nun auch seine Pflicht erledigt.

Ich grübele noch darüber nach, ob ich ein ähnlich gelagertes Blog über den Linienalltag verfassen soll, bin aber momentan recht eingespannt in meine Dienstpläne, so daß mir für eine gute Betreuung eines solchen Projektes wenig Zeit bleibt.

Ich bitte Sie meine treuen Leser daher um Verständnis, daß ich erstmal weiter keine Beiträge veröffentlichen werde. Der Schritt fällt mir schwer, aber ich denke ich bin Ihnen auch schuldig, daß wenn ich hier etwas veröffentliche, dies mit einer gewissen Regelmäßigkeit und Qualität zu tun.
Bei meinem derzeitigen Dienstplan fällt mir dies schwer.

Sollte ich in Zukunft wieder etwas Zeit finden, werde ich über eine Fortsetzung hier selbstverständlich berichten!

Bis dahin nochmals vielen herzlichen Dank für die treue Leserschaft! Bitte scheuen Sie sich auch nicht, weiterhin Kommentare zu hinterlassen oder e-mails zu schicken! Beides wird mich auch weiterhin erreichen und ich werde alles lesen!

Gruß,


Golfox

29.11.06

Final Check

Zuerst möchte ich um Verzeihung bitten, daß ich so lange nicht geschrieben habe! Die letzten Wochen waren recht eng geplant und ich war heilfroh, mit dem Linientraining einigermaßen Takt halten zu können. Da blieb leider für dieses Blog keine Zeit mehr. Zum Abschluss möchte ich meiner Berichtspflicht wenigstens noch rudimentär nachkommen und von meinem letzten Umlauf, dem Final-Check, berichten:

1. Tag
Auf dem Programm steht ein unspektakulärer Tag mit den Flügen Frankfurt-London-Frankfurt und abschließend noch per Nachpost nach Berlin.

Der Flieger ist in Ordnung, die Gäste kommen pünktlich, der Checker ist freundlich und alles deutet auf einen entspannten Umlauf hin, nur meine übliche Nervösität vor und bei Prüfungen will einfach nicht nachlassen.

In London weht jedoch kräftig Wind. Deshalb reduziert sich dort die Landerate und wir stehen erstmal in Frankfurt und warten auf unsere Abflugfreigabe. Die Gäste nehmen es mit britischer Stoik...
In London angekommen, hat sich der Wind dann schon gut beruhigt und es geht pünktlich wieder zurück nach Frankfurt und auch der Nachpostflug nach Berlin verläuft ruhig.

2. Tag
Berlin-München-Berlin-München-Hannover

Beim ersten Abflug aus München ist die Maschine komplett ausgebucht. Somit spreche ich mit den Damen am Gate ab, daß sie etwas früher als üblich mit dem Einsteigen beginnen können (glücklicherweise war der Tanker sehr pünktlich fertig, so daß hierfür noch etwas "Luft" im doch recht engen Zeitkorsett der Bodenabfertigung war).

Fünf Minuten vor der planmäßigen Abflugzeit kommt ein Anruf vom Gate, daß nun alle Passagiere an Bord seien. So bleibt mir noch die Zeit für eine kurze Begrüßungsansage.
Nach Ende meiner Ansage kommt die Purserette in das Cockpit und berichtet, daß zwei Passagier mehr als geplant an Bord sind!

Nun ist die Not groß: Ein Anruf am Gate ergibt, daß dort der Boardingcomputer ausgefallen war.
Nun hätte jeder einsteigende Passagier beim Einsteigen auf einer großen Liste abgehkt werden müssen. Dies war offensichtlich unterblieben. Die Mitarbeiterinnen hatten sich einzig auf die vorgezeigten Bordkarten verlassen.

Dabei war übersehen worden, daß zwei Gäste zusätzlich eine Bordkarte ausgestellt worden war (diese waren eigentlich auf einen späteren Flug gebucht gewesen), da zwei andere Gäste einen so knappen und verspäteten Zubringerflug hatten, daß mit ihrem Erscheinen nicht mehr gerechnet wurde...

Der inzwischen alarmierte Flight-Manager wollte nun zum Flugzeug eilen, um das Chaos aufzuklären und die überzähligen Gäste wieder von Bord zu holen.

In der Zwischenzeit fand sich jedoch ein als Gast mitreisender Kollege, der sich spontan bereiterklärte, auf seinen Sitzplatz in der Kabine zu verzichten und auf einem überzähligen Crewsitz Platz zu nehmen. Somit konnte sich einer der beiden überzähligen Passagiere auf dem nun freiwerdenden Platz setzen.

Gleichzeitig boten zwei wirklich freundliche Vielflieger in der ersten Reihe der Business-Class an, den zweiten überzähligen Gast in ihrer "Mitte" aufzunehmen (Üblicherweise bleibt in der Business-Class der Mittelsitz einer Dreier-Reihe frei.)...

Da der Flightmanager immer noch auf sich warten ließ, alle Passagier korrekte Bordkarten hatten und nun auch einen Sitzplatz hatten, entschloss ich mich, die Türen zu schließen und loszufliegen, um die Verspätung nicht noch größer werden zu lassen.

Mit neun Minuten Verspätung und einem leicht flauem Gefühl im Magen legten wir aus München ab (Meine Gedanken: "Was wird der Checker sagen? Da hat sich gerade sein Prüfling mal schlankweg über diverse Vorschriften hinweg gesetzt und rollt vermutlich geradewegs in das Scheitern seines Final-Check hinein...").

Im Reiseflug halte ich die Spannung nicht mehr aus. Ich drehe mich zu meinem Checker um, und frage ihn direkt, ob das Vorgehen so in Ordnung gewesen wäre. Kommentar: "Etwas unkonventionell, aber ich hätte es auch so gemacht...". Mir fällt ein Stein vom Herzen.

Die Bodenabfertigung in Berlin läuft dafür reibungslos.

Beim Anflug in München jedoch kommt ausgerechnet mitten im Anflug eine Fehlermeldung über einen fehlerhaften Fahrwerkssensor (Mein erster Gedanke: "Warum muss mir sowas ausgerechnet auf meinem Final Check passieren!").
Das dazugehörige Verfahren wird abgehandelt und siehe da, nach dem Ausfahren des Fahrwerks funktioniert wieder alles...

In München wechseln wir den Flieger, um Nachtpost nach Hannover zu bringen. Die Verladung geht so zügig, daß wir bereits 25 Minuten vor(!) der geplanten Abflugzeit unsere Position verlassen. Zur geplanten Ankunftzeit sitzen wir bereits im Bus in Richtung Hotel...

3. Tag
Frankfurt-Rom-Frankfurt-Istanbul

Von Hannover fliegen wir zuerst als Passgiere nach Frankfurt. Dort übernehmen wir eine Maschine und fliegen einen ereignislosen Flug nach Rom hin und zurück.
Von Frankfurt soll es nun mit einer anderen Maschine nach Istanbul gehen. Die nette Kabinencrew ist bereits vor uns auf dem Flieger angekommen. Der wirklich pfiffige Purser hatte direkt bei seiner Ankunft schon zwei nicht funktionierende Notausganglichter an den beiden vorderen Türen bemerkt und selbständig die Technik bestellt.

Ein Blick in die große Liste der akzeptablen Defekte, zeigte, daß wir mit einem ausgefallenem Licht hätten fliegen dürfen. Wenn beide defekt sind, hätten wir nur fliegen können, wenn der Ausgang blockiert ist und somit auch nur weniger Passgiere an Bord sein dürfen.

Da wir aber recht gut gebucht waren, schied diese Option aus.

Die inzwischen angekommene Technik tippte auf eine defekte Batterie. Da zum Ausbau der Batterie die gesamte Deckenverkleidung im Türbereich aufgeschraubt werden muss, war an ein Einsteigen von Passagieren an der vorderen Tür nicht zu denken.
Glücklicherweise hatten wir eine Vorfeldposition.

Nach kurzer Rücksprache mit dem Rampagenten, bestellte dieser noch eine zusätzliche Passagiertreppe, so daß das Einsteigen nun über den mittleren und hinteren Eingang ablief, während vorne kräftig geschraubt wurde.

Glücklicherweise zeigten sich die Gäste nach einer erklärenden Ansage sehr freundlich und geduldig!
Nach erfolgreicher Reparatur ging es mit 35 Minuten Verspätung nach Istanbul in den Feierabend.

4. Tag
Istanbul-München-Helsinki

Die Wettervorhersage von München wartet mit wolkenlosem Himmel auf. Ich freue mich auf einen problemlosen Anflug.
Eine Stunde vor München tickert der letzte Wetterbericht von München auf den Drucker im Cockpit: München, Nebel, Sichtweiten 150-300m...
Nun ist ein Anflug der Kategorie IIIb gefragt. Leider wieder ein Ding, bei dem man als Kapitän viel falsch machen kann und das ich nun noch nicht so oft gemacht habe (zwar wird dies im Simulator recht viel geübt, aber im richtigen Leben hatte ich davon im Kapitänstraining nur zwei Anflüge vorher...). Mein Ruhepuls steigt unweigerlich...

Vom Lotsen werden wir in einer weiten Schleife in den trägen Anflugstrom eingereiht (Wie bin ich froh, daß wir in Istanbul ordentlich Sprit getankt haben...).
In knapp 100 Fuß Höhe kommen die Landebahnlichter in Sicht. Geschafft.
Nachdem alle Gäste ausgestiegen sind, bereiten mein Copilot und ich die Maschine zur Übergabe an die Folgebesatzung vor, da wir in München die Maschine wechseln sollen.

Während ich noch die letzten Schaltungen mache, steht mein Copilot auf und geht kurz in die Kabine. Als er zurückkommt, richtet er mir aus, daß mein Checker mich dringend in der Kabine sprechen wolle.
Ich wundere mich etwas, stehe auf und beim Verlassen des Cockpit sehe ich, daß im vorderen Eingangsbereich die gesamte Crew versammelt steht, vor der Tür im Finger steht bereits die übernehmende Crew, alle applaudieren und mein Checker beglückwünscht mich zum bestandenen Final-Check!

Ich bin vollkommen perplex! Eigentlich hätte die Tour noch einen Tag länger für mich gehen sollen. Dieses frühe Ende hatte ich nicht erwartet.
Sechs Monate Training fallen mir als Stein vom Herzen!
Alle gratulieren: Checker, Copilot, Purser, Flugbegleiter, Techniker, selbst das schon wartenden Reinigungsteam! Ich weiß gar nicht wohin mit all dem Glück!
Von mir unbemerkt hat der Checker bereits meine Uniformmütze mit der goldenen Kapitänskordel versehen. Diese wird mir nun unter allgemeinem Gejohle aufgesetzt und mir werden die drei Copilotenstreifen von der Schulter gerissen und durch die vier Kapitänsstreifen ersetzt.



Leider muss nun meine treue Crew weiter nach Helsinki, während ich als Passagier nach Frankfurt geschickt werde.

Somit bleibt mir nur eine allerletzte Amtshandlung während der Crewbusfahrt: Schnell instruiere ich meinen Copiloten, ein schönes Abendessen für die gesamte Crew auf meine Rechnung zu organisieren oder wie es ein alter Kapitän mal so schön ausdrückte: "Das erste Kapitänsgehalt muss für die Festivitäten draufgehen!"...

3.9.06

Learning by doing oder übertanktes Kind scheut den Sprit

Der zweite Ausbildungsumlauf startete wunderbar.

Am ersten Tag flogen wir Frankfurt - Malta - Frankfurt - Sankt Petersburg.
Leider habe ich noch nie eine Übernachtung auf Malta gehabt, denn im Anflug kann ich mich an der Insel meist nicht sattsehen. Das ist zumindestens aus der Luft einfach ein sehr schönes Fleckchen Erde.
Am schönsten fand ich dann den Abflug über die Malta vorgelagerte Insel Gozo, die mit wunderschön schimmernden Buchten aufwarten konnte.
Leider war ich wegen der Ausbildung ein wenig beschäftigt, so daß ich keine Photos machen konnte.

Abends in Sankt Petersburg angekommen, ließen wir den Tag noch gemütlich im James Cook ausklingen. Ich glaube das Ding wurde nach einem Weltumsegler und Entdecker benannt, weil der Fußmarsch dorthin sich wie eine Weltreise anfühlte und es ähnlich schwer im Stadtgewirr von Petersburg zu entdecken war, wie die Cook-Inseln im Pazifik...

Am nächsten morgen reichte es dann leider nur noch für ein wenig Jogging (wer mich Unsportler kennt, weiß, daß es sich dabei mehr um leicht gesteigertes Fußgängertempo handelt...).

Und schon ging es weiter. Das Tagesprogramm Sankt Petersburg - Frankfurt - Prag - Frankfurt - Venedig

Bis zum zweiten Mal Venedig lief alles recht gut und mein Ausbilder schien mit mir im groben und ganzen zufrieden.
Vor dem Abflug nach Venedig wurde es dann hektisch. Es fehlten mehr als 50 Kreuzfahrgäste, deren Zubringerflug verspätet in Frankfurt ankam.
Da der nächste Flug erst am nächsten Morgen geht (wir waren der letzte Abendflug) und dann das Schiff sicherlich schon in den nächsten Hafen abgefahren wäre, wurde also entschieden zu warten.
Gleichzeitig war der Flug auch noch voll, weil einige Gäste den Vorflug verpasst hatten, womit wir nun überbucht waren...
Die Anrufe im Cockpit nahmen einfach kein Ende (Als Co hätte ich mich zu diesem Zeitpunkt gemütlich auf meine Cockpitvorbereitung konzentriert und mir interessiert angesehen, was denn der "Alte" aus der Situation macht, aber jetzt war ich der "Alte"...).

Zwischendurch rief mir mein Ausbilder, der den FLug fliegen sollte, noch zu was er gerne Tanken wolle: 11 Tonnen.
Der Grund ist, daß in Venedig der Sprit teuer ist. Daher wird soviel wie möglich getankt, um ohne Auftanken weiterfliegen zu können.

Da ich noch mit den Telefonaten beschäftigt war, nickte ich nur kurz zustimmend.

Gerade als ich die Spritmenge in den Flugplan eintragen wollte, klingelte wieder das Telefon:
Der Dispatcher fragte, ob wir wriklich 11 Tonnen tanken wollten, denn dann müssten Fracht und Passagiere ausgeladen werden...
Zeitgleich hatte ich gerade den Flugplan hervorgeholt und das gleiche bemerkt:
Wir waren zu schwer!
Durch die zusätzlich an Bord befindlichen Gäste passte nur noch der Sprit Frankfurt Venedig und noch ein wenig mehr in die Tanks ohne das Maximalgewicht bei der Landung zu überschreiten. Dies wären 9 Tonnen.

Dummerweise war der Tanker auch noch extrem schnell im Betanken gewesen, sprich in den Tanks schwappten bereits 11 Tonnen, somit drei Tonnen zuviel...

Guter Rat war nun wirklich teuer: Wir mussten drei Tonnen Enttanken. Also wieder einen Tankwagen herzitiert und Sprit abgepumpt, Ansage in der Kabine gemacht...

Wir konnten von Glück im Unglück sprechen, daß wir sowieso noch auf die Kreuzfahrer warten mussten, denn sonst hätten wir allein durch den zusätzlichen Zeitaufwand des Enttankens schon Verspätung gehabt.
Als der letzte Kreuzfahrer am Gate angekommen war, war der Flieger schon um drei Tonnen leichter und es konnte losgehen...

Am nächsten Morgen zwinge ich mich, als alter Brunetti-Fan, noch nach Venedig zu fahren (das Hotel liegt in Mestre, außerhalb der Lagune).
Davon später mehr...

30.8.06

Seminare, Seminare von der Wiege bis zu Bahre

Fünf Tage Seminar liegen nun hinter mir.

Ich war erstaunt, worüber man als Kapitän so alles aufgeklärt wird:

- Arbeitssicherheit
Wie bewege ich mich auf dem Vorfeld? Wann und wo muss Gehörschutz getragen werden? Welche Fürsorgepflicht habe ich für meine Besatzung in Arbeitsschutzdingen?

- Die rechtliche Stellung des "verantwortlichen Luftfahrzeugführers"
Ähnlich sperrig wie der Titel war auch der Vortrag des Juristen aus der Rechtsabteilung. Auf eine klare Ja-Nein-Frage kommt jeweils die typische Juristenantwort: "Na, das kommt drauf an....".
Es geht um einzuhaltenden Flugdienst- und Ruhezeiten, wann dürfen Passagiere von der Beförderung ausgeschlossen werden, wie ist mit an Bord vorläufig festgenommenen zu verfahren, und, und, und....

- Technical Information and Reporting
Hier wurden all die kleinen Stolperfallen der Technischen Informationssysteme noch mal "durchdekliniert": Wo finde ich welche Angaben zum Betriebszustand des Flugzeuges? Welche Defekte dürfen in welchen Kombinationen für wie lange toleriert werden? Wie wird ein Flugzeug von der Technik für betriebstüchtig erklärt werden?...

- Flugsicherheit
Hier kam eine Koryphäe des Flugsicherheitsabteilung und hielt mal wieder einen Vortrag, den ich in guter Erinnerung behalten habe:
Ich finde es immer wieder genial, wenn Leute
1) viel Spaß an ihrer Arbeit haben,
2) dies auch anderen glaubhaft vermitteln können,
3) dies in einen spannenden Vortrag kleiden können,
4) darüber hinaus fachlich absolut kompetent und trittsicher sind
5) und mit viel, viel Humor trotzdem ihre Zuhörerschaft zum Nachdenken anregen können!
Der Vortragenden machte in glasklarer Analyse die Zusmmenhänge, die zu großen Unfällen und Vorfällen weltweit geführt haben, deutlich und konnte genial aufzeigen, wie diese Dinge gerade im alltäglichen Betrieb vermieden werden können. Ich habe selten einen so genialen, spannenden und wirklich hilfreichen Vortrag gehört!

- Führungstechniken
Hier wurde von einer Psychologin und einem Kapitän Grundlagen der Menschenführung vermittelt. Ich habe mich darüber gefreut, daß der Vortrag weniger theorisierte, sondern mit vielen praktischen Beispielen versehen war, die schnell klar machten, worum es geht.

- Vorstandsarbeit
Zwei "höhere Chargen" hielten nacheinander eine Präsentation über die derzeitige wirtschaftliche Lage und strategische Ausblicke innerhalb der Firma. Auch wenn ich natürlich nicht immer ganz mit dem übereinstimme, was dort gesagt und gefordert wird, so war ich doch positiv überrascht, wieviel Zeit sich die beiden Herren, deren Terminkalender nun wirklich nicht zu den dünnsten zählt, für uns als einfache Kapitänsanwärter nahmen und mit Engelsgeduld unsere sicher nicht immer angenehmen Fragen beantworteten.


- Farb- und Stilberatung
Zuerst hielt ich den Vortragstitel für einen schlechten Scherz: Was soll ich bitte als Uniformträger mit einer Stilberatung?
Allerdings wurde ich hier auch positiv überrascht: Eine kleine sehr quirlige Dame hielt einen Vortrag über die Hintergründe der Uniformgestaltung, wie sie am besten getragen wird, wie bei unerwarteten Einladungen auch mit einer einfachen Zivilkleidung schnell ein präsentables Äußeres hergestellt werden kann.
Für mich als bekennenden "Modemuffel" war dies schon ein gewisser "Aha-Effekt".
Auch hier war erstaunlich für mich, wie mitreißend Referenten sein können, wenn sie selbst Spaß an ihren eigenen Themen haben!

Alles in allem zwei kurzweilige Seminarwochen...

Taxifahren mit Pechsträhne

Letzte Woche Montagmorgen 0545 Uhr: Ich bin auf dem Weg zu einem Seminar meines Kapitänslehrganges in Frankfurt. Am Hauptbahnhof sehe ich noch den Wagen des Taxi-Bloggers und freue mich, diesen einmal im Original betrachten zu dürfen.

Auf dem Bahnsteig angelangt merke ich, daß ich meine Fahrkarte vergessen habe. Nun ist guter Rat im wahren Sinne des Wortes teuer...
Ich kann entweder eine Fahrkarte lösen oder die andere Möglichkeit Nutzen:
Ich entscheide mich also, per Taxi meine Fahrkarte am aviatischen Weltzentrum zu holen, um mich dann per Taxi schnell nach Kassel fahren zu lassen, so daß ich noch meinen Anschlusszug nach Frankfurt erwische.

Vor dem Bahnhof ist nun leider der Taxi-Blogger bereits in den wohlverdienten Feierabend verschwunden und noch ein einziges Taxi eines großen Paderborner Taxi-Unternehmens steht in der Haltebucht.

Nachdem mir der Fahrer nur widerwillig das Fenster öffnet, frage ich ihn nach dem voraussichtlichen Fahrpreis nach Kassel und ob er EC- oder Kreditkarte akzeptieren würde.

Den Fahpreis gibt er mit ca. 150 EUR an und verneint die Akzeptanz von Karten.
Meine Bitte in diesem Fall, mit mir auf dem Weg kurz an einem EC-Automaten zu halten, schlägt er, vorsichtig gesprochen, schroff ab. Er könne mich nur mit Vorkasse mitnehmen...

Nun mache ich mich auf den Weg zum nächstgelegenen EC-Automat am Westerntor (ca. 10 Fußminuten vom Bahnhof entfernt). An diesem prangt groß die Nachricht "Dieser Automat ist leider vorübergehend außer Betrieb"...

In der Zwischenzeit habe ich per Handy den bekannten "Jamba-Zwilling" angerufen. Dort wurde mir versichert, daß ein Taxi auf dem Weg sei, das mich auch problemlos an einem Automaten vorbeifahren könne.

Wenige Minuten später hält auch schon ein Taxi mit dem bekannten CZ im Kennzeichen vor der Bank. In Eilfahrt geht es zum aviatischen Weltzentrum und anschließend halten wir auf dem Weg zur Autobahn an einem Geldautomaten, der mir auch willig Bargeld für die Fahrt ausspuckt.

Wieder im Taxi angekommen freue ich mich, daß trotz der Verzögerung noch ein Erreichen des Zuges möglich sein dürfte.

Der Taxifahrer schaut mich jedoch mit verdrehten Augen an und erklärt mir, daß ihm schwindelig sei und er so unmöglich weiterfahren könne...

Nun wird also ein Kollege gerufen, um als Ersatz für meinen kranken Chauffeur einzuspringen.
Der meinige Fahrer rafft sich noch auf, dem heranrollenden Kollegen entgegen zu fahren. Dieser meldet sich per Funk und teilt mit, daß er noch gute zwanzig Minuten von unserem aktuellen Standort Borchen entfernt sei.

Da mir nun langsam aber sicher die Zeit davonläuft, bitte ich den inzwischen merklich blassen Fahrer, noch zwei Kilometer weiter bis zu einer Mietwagenstation zu fahren. Ergebnis dieser Taxifahrt: 20 EUR verfahren und der Mainmetropole keinen Schritt näher gekommen...

Jetzt habe ich jedoch Glück im Unglück: Obwohl die Station offiziell erst um 0700 Uhr öffnet, ist jetzt um 0630 bereits eine freundliche Dame im Büro, die mir auch unkompliziert einen Wagen herausgibt.

Etwa drei Minuten vor Abfahrt des Zuges gebe ich gut durchgeschwitzt dann meinen Wagen am Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe ab. Für das Tanken hat es nicht mehr gereicht, ich bin gespannt auf die Rechnung, die mir dafür von der Mietfirma noch präsentiert werden wird...
Im ICE schnaufe ich erstmal gut durch, und krame den Lernstoff hervor, den ich mir eigentlich für eine ruhige gemütliche Bahnfahrt zurechtgelegt hatte...

Was tut man nicht alles, um pünktlich zu einem Seminar zu erscheinen, bei dem der erste Referent leider ausfällt, weil ihm anscheinend niemand den Termin seines erwarteten Erscheinens mitgeteilt hat.
One of these days....Oder frei "Viel Lärm für nichts...."

11.8.06

Das erste Mal

In meinem bisherigen fliegerische Werdegang erhielt ich vor meinem ersten Linieneinsatz jeweils ein Landetraining in einem leeren Flugzeug. Dafür ging es mit einem leeren Flugzeug zu einem meist etwas abgelegenem und nicht stark frequentierten Flugplatz, an dem nun jeder Kandidat seine erforderlichen Platzrunden drehte.

Dieses Unterfangen ist teuer und mit nicht unerheblichem Aufwand verbunden. Also wird auf dem Airbus versucht, dies einzusparen. Das Landetraining erfolgt also lediglich im Simulator. Die erste wirkliche Landung mit dem Flugzeug erfolgt also erst im Linientraining, wenn bereits Passagiere im Flieger sitzen...

Aber der Reihe nach:

Linientraining Tag 1:
Vier Flüge stehen auf dem Programm. Frankfurt - Mailand - Frankfurt - Nürnberg -Frankfurt.
Anschließend geht es als Passagier nach Wien.

Den ersten Flug fliegt mein Ausbilder und ich arbeite ihm zu. Hier läuft alles gut, auch die Abfertigung in Mailand funktioniert klaglos.
Auf dem Rückflug fliege dann ich und mein Ausbilder übernimmt die Rolle des "Zuarbeiters". Alles läuft wie am Schnürchen.
Im Anflug auf Frankfurt wird mir dann aber auf einmal schlagartig bewusst, daß dies ja nun meine erste wirkliche Landung auf dem Vogel werden soll.
Dementsprechend übervorsichtig taste ich mich an die Landung heran:
Schon relativ früh verringere ich die Sinkrate und lasse das Gas noch lange stehen, so daß die Landung zwar weich wird, aber auch extrem viel Landestrecke benötigt. In Frankfurt mit seinen vier Kilometern Bahnlänge ist dies kein Problem, auf kürzeren Bahnen ist soetwas jedoch unangemessen...
Von meinem Ausbilder erhalte ich entsprechende "Hinweise"...

Die weiteren Flüge verlaufen unspektakulär.

Linientraining Tag 2:
Heute geht es Wien - München - Belgrad - München - Berlin.
Der letzte Flug nach Berlin wir nochmal unerwartet spannend. Es weht ein kräftiger und böiger Seitenwind zur Landung.
Im Abfangbogen erwischt mich nochmal eine Böe.
Der Flieger driftet leicht von der Mittelllinie weg. Jetzt bricht mit voller Macht meine dummerweise noch nicht ganz untergegangene MD11-Prägung durch:
Reflexartig schiebe ich das Gas auf Startleistung und beginne ein Durchstartmanöver. Mein Ausbilder murmelt noch etwas der Art "Das wäre doch nicht nötig...", aber da ist es schon zu spät und wir sind wieder in der Luft.

Die MD11 ist vergleichsweise breit, weswegen kleine Abweichungen von der Landebahnmitte schnell dazu führen, daß ein Rad neben der Bahn aufsetzt. Aus diesem Grund wurde mir auf der MD11 entsprechend eingebläut, bei Abweichungen von der Landebahnmitte unverzüglich durchzustarten.

Bei diesem kleinen "Airbus-Gehopse" sind ein paar Meter neben der Mitte jedoch weniger dramatisch.
Ich merke, daß ich wegen des fehlenden Landetrainings einfach noch zu konservativ an die Sache gehe.

Nachdem wir in der Luft sind, grinst mein Ausbilder breit zu mir herüber: "Das erklärst du jetzt aber selbst den Gästen...".
In meiner Heimatstadt läuft gerade eine Ausstellung über den Gang nach Canossa, ganz ähnlich fühle ich mich jetzt...
Ich erinnere mich an den Spruch eines meiner B737-Ausbilder bezüglich Ansagen: "Sag einfach die Wahrheit und nichts als die Wahrheit..."
Also erzähle ich kurz, daß uns zur Landung eine Böe erwischt hat und wir jetzt einen neuen Anflug machen und in ca. 10 Minuten am Boden sein werden.

Nach der Landung im Crewbus berichtet die Kabinencrew dann eine Auswahl von Passagierkommentaren... Ich bin jedesmal erstaunt, wie unterschiedlich Menschen ein und dieselbe Situation empfinden können.

Linientraining Tag 3:
Berlin - Frankfurt - Oslo - Frankfurt
Nach dem Einrollen an den Finger in Oslo bestätigt der anwesende Rampagent der SAS über die Kopfhörerverbindung, daß die Bremsklötze vorgelegt seien. Ich löse daher die Parkbremse (das ist ein Standardverfahren, damit die Bremsscheiben besser abkühlen).
Umso größer ist der Schreck als der Flieger sich sogleich rückwärts in Bewegung setzt.
Vorsichtig drücke ich wieder auf die Bremse (tut man dies zu heftig könnte der Flieger "nicken" und somit mit dem Schwanz aufsetzen).
Auch der Rampagent ist entsprechend überrascht und entsetzt.
Es stellt sich heraus, daß eine der Bremsklötze sich gelöst hat und das Flugzeug etwa 30 cm nach hinten rollen ließ.
Ich mach beim anschließenden Rundgang noch ein paar Fotos von dem verschobenen Bremsklotz. Die Trainingsabteilung wird sich über das neue Anschauungsmaterial freuen.

Nach Ankunft in Frankfurt bekomme ich eine sehr freundliche Bewertung meines Ausbilders ausgehändigt.

Per Bahn geht es nun heimwärts. Vom Hauptbahnhof radele ich zum aviatischen Weltzentrum, wo ich gegen 2130 Uhr eintreffe. Die Kneipe hat Ruhetag, trotzdem stehen angesichts des schönen Wetters einige Gestalten auf dem Vorfeld. Spontan öffnen wir eine Flasche Rotwein und genießen alle zusammen noch ein wenig den Sonnenuntergang und die hereinbrechende Nacht.
Ich bin glücklich!

30.7.06

Magische Daten

Was für Herrn nff der Dreiundzwanzigste ist, ist im Reiche des Kranichs der 27.: Der Tag, an dem der Dienstplan für den Folgemonat veröffentlicht wird...

Ich hatte am 27. diesen Monats

gerade mein Emergency-Schulung (da geht es hauptsächlich um die schnelle Evakuierung eines Flugzeuges, was in mir immer die Assoziation zu Lemmingen aufkommen lässt...),

einen Erste-Hilfe-Kurs (was in mir die seligen Zeiten des Zivildienstes wiederaufleben lässt, als ich noch beim Malteser Hilfsdienst tätig werden durfte, böse Zungen übersetzten die Abkürzung MHD dann immer mit "Medical Helldriver", wobei ich zugeben muss, daß ich vermutlich viel zu diesem Ruf beigetragen habe...;-))

und einen dicken fetten Anschiss von der Trainingsabteilung hinter mir (Trainingsabteilungsfurie, äh -sachbearbeiterin: "Warum hat Ihr Checker auf dem Formular A38 auf der ersten Seite, mittlere Box kein Kreuzchen gemacht?". Ich: "Weil das in seiner Ausfüllanleitung so drin stand???". Besagte Sachbearbeiterin war zwischenzeitlich zu deutlicher Hochform angelaufen: "So kann ich keine Lizenz für Sie beantragen! Und überhaupt..." Dem geneigten Leser erspare ich hier die vielfältigen Schmähungen des fliegenden Personals, der Piloten im besonderen und die Klagen über die Frechheit, bei Ihr mit falsch ausgefüllten Formularen aufzutauchen...).

Als Ausgleich sah ich dann meinen Dienstplan:
Bis zum kommenden Freitag habe ich frei und werde dann auf eine Tour nach Wien und Berlin gehen. Dies wird mein erster Ausbildungsumlauf auf dem A320 werden und ich freue mich schon wie ein Schneekönig!

Nach der Anreise am Freitag, werde ich Samstag morgens um 0600 Uhr zum Briefing erwartet.
Der Tag sieht dann folgende Flüge vor:
Frankfurt-Mailand-Frankfurt-Nürnberg-Frankfurt. Anschließend geht es als Passagier nach Wien. Dort werde ich abends gegen 1700 Uhr eintrudeln und am nächsten Morgen um 0800 wieder verschwinden.
Tja, die Frachterzeiten, in denen jede Übernachtung mindestens 24h hatte, sind damit wohl definitiv vorbei...;-)

So und nun werde ich mich mit einem Kakao noch ein wenig auf die Terrasse des aviatischen Weltzentrums setzen und ein paar vom Trainer-Corps erdachte "Literaturhinweise" der Art "Alternate Planning Minima" oder "Handling of Airplane on Ramp in Strong Wind" zu Gemüte führen. Ich erhoffe mir spannende Lektüre...;-)

18.7.06

Nach dem Check ist vor dem Check...

Heute morgen war mein Simulator-Check angesetzt (Im Neusprech der europäischen Luftfahrtregularien nennt sich das jetzt "Skilltest").
Um es vorwegzunehmen: Ich habe bestanden.
Somit sind alle vier Kandidaten, die wir zusammen in das Kapitänstraining gegangen sind, heute durchgekommen.

Ich hatte das Glück, einen wirklich freundlichen und kompetenten Checker zu erwischen, der mir neben den eigentlichen Chekaufgaben auch noch viele wirklich gute Hinweise mit auf meinen Weg gegeben hat.

Der mir zugeteilte Copilot war noch extrem "dienstjung": Er war Anfang des Jahres mit seiner Ausbildung fertiggeworden und dies war nun für ihn der erste Check nach Ende seiner Ausbildung... Entsprechend nervös waren wir beide.

Glücklicherweise legte sich das im Laufe der Prüfung.
Der erste Teil waren "klassische" Fehler: Ein Generatorausfall, ein Startabbruch, div. Triebwerksausfälle.

Im zweiten Teil wurde es interessanter. Hier wurde ein kompletter Flug simuliert. Dabei erhielten wir nach dem Start eine Fehlermeldung, die uns verbot, das Fahrwerk einzufahren.

Eigentlich kein großes Ding, das Fahrwerk bleibt halt draußen und wir landen ganz normal.
Auf dem Weg zur Landung beschleicht uns als Delinquenten jedoch das konstant schlechte Simulatorgewissen: "Das ist jetzt alles? Einfach nur wieder landen? Keine Kabinenvorbereitung? Kein Mayday-Ruf? Das für einen Simulatorcheck? Das ist doch viel zu einfach. Da steckt bestimmt ein Haken hinter. Wir haben bestimmt irgendetwas übersehen!!!!"

Die Gedanken überschlagen sich bei uns beiden, aber keiner wagt, es auszusprechen.

Nach der problemlosen Landung stehen wir auf der Bahn und drehen uns zu unserem Checker mit fragenden Gesichtern um in Erwartung einer Standpauke wegen eines übersehenen Fehlers.

Auf Nachfragen erklärt er uns dann: "Ich wollte nur mal sehen, ob Ihr auch so was kleines sauber abhandelt...".
Wo stand in der Genfer Konvention noch mal das Verbot psychischer Folter...;-)
Ein Seufzer der Erleichterung entfährt mir!

Nach ein wenig Papierarbeit und einer ausführlichen Nachbesprechung mache ich mich gut gelaunt auf den Weg nach Hause.

Selbst eine einstündige Verspätung der Bahn in Kassel, die mich zur Anmietung eines Mietwagens zwingt, kann mir die Freude nicht verderben.

Den Tagesausklang verbringe ich bei einem wunderbaren Sonnenuntergang mit einem Glas Bier auf der Terrasse des aviatischen Weltzentrums: Das Leben ist schön!

Jetzt freue ich mich auf mein Landetraining im Simulator am Freitag.
Nächste Woche stehen dann die Kurse in "Erster Hilfe" und "Emergency" (da geht es um das richtige Verhalten nach Notlandungen) an.